Och nääääääääh…
Wieder mal in eine Debatte über «Wohin mit dem traumarelevanten Material» rein geplatzt und konnte nicht einfach dran vorbei gehen…(Dazu muss man sagen, dass die russischsprachigen Traumatiker im Durchschnitt etwas radikalere Ansichten vertreten)
Ich bin ja der Meinung, dass persönliche Traumata behandelt gehören. Ohne, dass man diese übermäßig romantisiert und ohne die Freunde/Familie als Füllmaterial für allerlei schwarze Löcher in der eigenen Psyche zu benutzen. (Das sag ich aber jetzt als jemand, der an der Stelle, wo die Psyche sein sollte, irgendeinen Scheiß mit ‘nem Schleifchen drüber hat). Nicht selten reagiert ein traumatisierter Gegenüber empört und enttäuscht, wenn man ihm sagt, dass es: 1)natürlich ein Leben nach dem Trauma gibt, sofern man dieses überlebt hat; und 2)dieses Leben auch sehr schön und sehr sinnvoll sein kann. Man reagiert so, weil man da raus hört: «Du musst jetzt sofort aufstehen, deine schusssichere Weste ablegen, in die unberechenbare Welt hinaus treten und gefälligst normal sein!» (Du faules Stück, du). Dazu kommt, dass man sich solche «Aufmunterungen» nicht von jedem gefallen lassen möchte. Jemand, der in der Thematik nicht drin steckt, kann sich seine Vorstellungen von Normalität und Glück gerne aufs Brot schmieren.
Dabei ist dieses «das Leben kann trotzdem schön sein» einfach nur der übernächste Schritt. Das heißt, wenn man es schaffen würde, nach so einem Satz nicht sofort in die Defensive zu gehen, würde man vermutlich sogar zustimmen. Ja, so manche Vergangenheit kann einem ganze Brocken weg amputieren. Man ist einfach nicht mehr intakt. Da wächst auch nichts mehr nach. |st so. Punkt. Genau wie bei einem Menschen, der einen Arm verloren hat, komplett, samt Schultergelenk. Sowohl bei einer physischen als auch bei einer psychischen Traumatisierung kommt man früher oder später zur Frage: «Und nun?». Man wurde hoffentlich einigermaßen medizinisch versorgt, es hat aufgehört zu bluten, es ragen keine Knochen raus, mit denen man überall hängen bleibt. Was natürlich immer noch da ist, sind die abartigen Phantomschmerzen, die eventuell auch nicht weggehen werden, aber dennoch befindet man sich an einer Gabelung. Will ich ein Einarmiger sein, der sich einen kleinen Garten am Wald mietet, dort Rhabarber, schwarze Johannisbeeren und Aprikosen anbaut und abends mit seinem Hund am Feuer sitzt, gemütlich und schlaftrunken in die Baumkronen blinzelt und zumindest irgendwie zufrieden ist? Oder will ich lieber ein Einarmiger sein, der auf andere Menschen angewiesen, von ihren Stimmungsschwankungen abhängig ist und sich seinen eigenen Garten am Wald gar nicht erst zutraut? Schwierig das alles.
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