Effi Mora

Molière lässt grüßen

02.11.2015

Der wohl bekannteste Unterschied zwischen den Mentalitäten von Hund und Katze ist der: «Oh, der Mensch füttert mich, er muss Gott sein» von einem Hund und «Aha, der Mensch füttert mich, ich muss Gott sein» von einer Katze. Wie schnell man doch aber dieses System knacken kann, wenn man etwa einen kranken Hund bewirtet! Wahnsinn! Monsieur Hund liegt also seit gestern im Bett. Er steht nur auf, um der Welt einen gequälten Blick zuzuwerfen und einen Lord-Byron-Seufzer von sich zu geben, denn die Brühe ist uns zu dünn und das Hühnchen ist uns zu faserig und gestern wurde er von einem Maltesermischling und seiner Oma ausgelacht, weil ihm…Verzeihung…ein Grashalm im Hintern steckte, den er zuvor aus medizinischen Gründen gefressen hatte und der sich einfach nicht verabschieden wollte und nachdem auch das rhythmische «Auf-dem-Boden-Hin-Und-Her-Rutschen» nichts genützt hat, musste seine peinliche Besitzerin wohl oder übel mit einem Taschentuch nachhelfen. Natürlich war das eine Zumutung, immerhin ist er in Menschenjahren schon 29. Haben Sie schon mal versucht einem 29-Jährigen Etwas aus dem Gesicht zu wischen mit einem Taschentuch, das Sie vorher dezent angespuckt haben? Vor seinen Kollegen? Aber was hätte ich denn tun sollen…Wir gingen in die Wohnung, ich stellte mich an den Herd und begann seine Extra-Sonder-VIP-Luxus-Mahlzeit zuzubereiten, wahrend Monsieur schon die ersten Anzeichen der allgemeinen «Katzigkeit» zeigte — er legte seine Füsse auf meinem frisch bezogenen Kissen ab. Bei Katzen mag das vielleicht gar nicht überraschend sein, es ist vielmehr selbstverständlich, dass wenn Etwas frisch bezogen wird, oder ein neues Wärme spendendes technisches Gerät — irgendein Tablett, Laptop etc. — hingestellt wird, dass das Alles einzig und allein dazu dient, dass die Miezi sich darauf ausruhen kann. Hunde sind in der Regel ehrfürchtiger. Das Ganze erreichte heute früh seinen Höhepunkt: ich war im Bad, Monsieur meckerte vor sich hin, der Kaffee war dabei, sich selbst zuzubereiten, die Vögel zwitscherten sogar — Harmonie, wie sie im Bilderbuch steht. Da hat sich doch aber nicht etwa mein Wecker tatsächlich getraut zu klingeln? Zugegeben, das Geräusch ist widerlich, aber auch das einzige, was funktioniert und ich meine, er schläft im selben Raum, er hört das tagtäglich, seit wie vielen Jahren? Mein untertäniges Verhalten hat offenbar mal wieder irgendeine Schraube in seinem an sich stimmigen, total gaganen Ich-Bewusstsein gelockert, weshalb er anfing wie eine Krankenwagensirene zu jaulen: «Es ist zu laaaaaut! Ich hab nirgendwo unterschrieben, dass ich mich solchen Schikanen unterziehen möchte!». Also eine Katze hätte das aber schon ein wenig beherrschter rüber gebracht, Bender. Denk darüber nach!

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