Wie wär’s mit dem 11. Gebot «Du sollst nicht projizieren!»?
Mein Hund träumt neuerdings ziemlich heftig. Es ist an sich nichts ungewöhnliches. Es ist sogar normal, dass sobald sich eine Familie auf der Couch einnistet — jeder ein Glas Wein und eine Packung Spekulatius in der Hand — der Hund, der bis jetzt friedlich auf seiner Decke schlummerte, plötzlich anfängt mit allen Extremitäten zu wackeln, zu bellen, zu schnauben, ganz fürchterlich besorgniserregend mit den Augen zu rollen und zu schmatzen. Ganz klar: er hat die Gazelle nun doch erwischt, alle Tiere in der Savanne heulen. Toller Traum. Applaus Applaus.
Meiner bringt diese Nummer nun schon seit 6 Jahren und bis jetzt dachte ich immer nur: «Ooooooh, er träumt wieder…» oder: «Что тебе снится, крейсер Аврора?»
Wenn sich aber die eigenen Träume irgendwo zwischen «Was zur Hölle?…» und «Na wenn das so ist, such’ ich mal schnell die Adresse von dem nächst gelegenen Kloster raus» bewegen, kommt man in die Versuchung, den Hund wegen seiner Träume zu bemitleiden. Das Bedürfnis, ihn zu wecken und zu beruhigen ist groß. Aber ja…er kriegt nun mal mit zunehmendem Alter immer mehr Marotten, und es klingt in letzter Zeit etwas heftiger, wenn er träumt. Es macht mir Angst. Wo rennst du denn hin?…Seit Stunden?…Wer jagt dich denn? Oder jagst du selbst?
Heute habe ich allerdings die volle Gefahr des Projizierens quasi live illustriert bekommen: der Hund rannte mal wieder irgendwohin, schlug mit den Pfoten die Decke unter sich zu einem Klumpen, knurrte, schmatzte, furzte, jaulte, piepste, winselte, hustete und seufzte. Das wurde mir zu viel und ich habe ihn geweckt. Ganz vorsichtig. Den Blick, den er mir zuwarf werde ich nun wohl kaum vergessen können. Es war ein: «Ob du sie noch alle hast, hab ich gefragt»-Blick. Dann fiel es mir ein…wir waren an der Elbe, real, einige Stunden vorher. Er traf eine Terrier-Lady mit Swarowskisteinchen auf dem Halsband, verliebte sich inbrünstigst, jagte einen Weimaraner zum Teufel, der sich erdreistete diese Femme fatale der Hundeherzen zu beschnuppern, und wollte sie sogar besteigen (und das obwohl er, nun ja…kastriert ist. Sein Temperament erlaubte es), was allerdings von uns unterbunden wurde. Natürlich wollte er das, was er angefangen hat, wenigstens im Traum zu Ende führen.
Och, ich Rabenmutter…Das gibt’s doch nicht. Man braucht sich eben nicht einzubilden, man wüsste genau, was in einem anderen Organismus vor sich geht. Ein ganz dunkler Wald ist das.
(nicht erschrecken, das Foto ist alt:))
Thank you! Your submission has been received!
Oops! Something went wrong while submitting the form